An was ein Schlagzeuger so alles denken muss
Lange vor dem Gig
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Wenn mehrere Bands in Folge spielen:
Nachfragen, ob der Veranstalter oder eine der Bands bereits ein Schlagzeug für alle zur Verfügung stellt. Ansonsten kann man mit den Kollegen aus den anderen Bands vereinbaren, ob man ein Set für alle hinstellen will. Das spart nicht nur Transportaufwand und Umbauzeiten, sondern erhöht die Wahrscheinlichkeit auf einen guten Sound. Zu klären bleibt dann auf jeden Fall:- Wer stellt das Schlagzeug?
- Können die anderen auf sowas überhaupt spielen bzw. kann man es so umbauen, dass es für jeden ok ist? Was machen wir mit dem Linkshänder?
- Was soll jeder Schlagzeuger trotzdem noch selber mitbringen? Eigene Stöcke und Fußmaschine sind zweckmäßig, aber manchmal wird auch erwartet, dass jeder seinen eigenen Hocker, die Becken und vielleicht sogar die Snare mitbringt. Achtung: Wenn ein Linkshänder das Set stellt, kann der Rechtshänder die Doppelfußmaschine nur als Einzelpedal benutzen!
- Wer bringt einen Teppich als Unterlage für das Schlagzeug mit?
- Kann man dem Kollegen, der das Set stellt, bei Transport und Auf-/Abbau behilflich sein? (Es ist anständig, das zu fragen.)
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Überprüfen, ob es ausreichend Platz auf der Bühne geben wird. Vielleicht gibt es ja einen Bühnenplan. Bei Kneipengigs geht man einfach dorthin einen trinken und fragt den Wirt, wo die Band hinkommt. Wenn es eng ist kann man ja vielleicht auch ein wenig sparsamer aufbauen. Hier und da kann man vielleicht ein Tom oder Becken weglassen.
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Ersatzfelle für Snare und Bassdrum besorgen.
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Absprechen, wann die Band vor Ort sein soll und wie der Zeitplan für Anfahrt, Aufbau, Soundcheck, Konzert, Abbau, Essen, eventuell Übernachtung und Abreise aussieht.
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Abklären, ob Essen und Trinken vertraglich geregelt sind. Das hat nichts mit Geiz zu tun, sondern mit peinlichen Momenten und Diskussionen.
Zusätzlich bei Aushilfsjobs:
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Nachfragen, ob man eigene Mikrofone, Mikrofonstative und Kabel mitbringen soll. Wenn ja: Gibt es Phantomspeisung? Liegt ein Multicore bis zum Schlagzeug bzw. wie lang müssen Deine Kabel sein (Bühnenplan)?
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Nachfragen, wie das mit dem Monitoring läuft und ob man dazu etwas mitbringen soll, z.B. einen eigenen Aktiv-Monitor und geeignete Verkabelung mit passenden Anschlüssen oder Adaptern. Bei Bands mit In-Ear-Monitoring kann die Lösung aus eigenen Kopfhörern oder einer eigenen Monitorbox bestehen - da muss man fragen, was passt.
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Frühzeitig nach Noten und/oder Aufnahmen fragen.
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Nachfragen, ob die Mitmusiker (Sänger, Bläser) normalerweise Percussion-Instrumente wie Tambourine, Cowbell, Claves oder Shaker von ihrem Schlagzeuger bekommen. Wenn sie so verwöhnt sind, kann man das Erforderliche ja notieren und soweit vorhanden dann später zum Gig mitbringen. Aber was man nicht hat, sollen sie sich halt selber besorgen - man muss ihnen das nur sagen!
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Kleiderordnung anfragen. Das gilt nicht nur für Gala-Zicker. Es ist wichtig zu wissen, ob die Band in Lack & Leder, quitschbunten T-Shirts oder tättowierter Haut auftritt. Man braucht natürlich nicht genau das Gleiche zu tragen (Uniform ist was für Soldaten), aber das Bühnenbild erfüllt meist irgendein Klischée, in das man vielleicht reinpassen will.
Über Geschmack lässt sich nicht streiten, aber ein paar Sachen will ich loswerden:
- Ein Sweatshirt mit Hemd darunter ist keine adäquate Kleidung für einen Rockmusiker, sondern spießig.
- Schwarz kann toll aussehen, aber ausgebeulte und ergraute schwarze Jeans sehen billig aus.
- Kurze Hosen sehen an Männern auch beim Open-Air doof aus. (Gilt nicht für Angus Young und sehr junge Traumbodys.)
- In Würde altern: Ein Gitarrist (Mitte 40, Bierbauch) verteidigte einst seine Jogginghose als „modische Streetwear”, wie bei einigen Boygroups und Pop-Sternchen zeitweise salonfähig.
Vor der Abreise: Beim Einpacken nix vergessen
Wenn jemand anderes das Schlagzeug stellt, hat man vorher abgeklärt, was mitzubringen ist (s.o.). Falls man auf dem Schlagzeug einer anderen Band spielt: Den Schlagzeuger anrufen und fragen, ob man beim Einladen behilflich sein soll. Er wird dankend ablehnen und sich freuen, dass man gefragt hat. Man hilft ihm dann beim Ausladen und Aufbauen sowie - ganz wichtig - beim Abbau nach dem Gig.
Auch wenn das Schlagzeug gestellt wird, lohnt sich ein Blick durch die folgende Liste. Unzutreffendes kann man streichen und den Rest abhaken.
- Trommeln: Bassdrum(s), Snare, Toms, sonstige?
- Becken
- Stative/Halter/Füße für Snare, alle Toms, alle Becken
- Fußmaschine
- Hi-Hat-Stativ
- Hocker (Fuß und Sitzfläche)
- Stöcke und Ersatzstöcke
- Besen, Paukenschläger, Rods, ...
- Perkussionsinstrumente (Tambourine, Cowbell, Shaker, Woodblock, ...) falls erforderlich
- Halterungen für Perkussionsinstrumente falls erforderlich
- Stimmschlüssel
- Kreuzschraubendreher, Schlitzschraubendreher, Messer oder besser gleich ein Multitool (Leatherman)
- Inbus-Schlüssel oder Spezialwerkzeug für Fußmaschine und Hi-Hat-Stativ
- Gaffa-Tape
- Moon-Gel oder Papiertaschentücher für den akkustischen Notfall
- Ersatzfelle - zumindest für Bassdrum und Snare
- Teppich oder sonstige Unterlage
- Noten falls es welche gibt
- Notenständer bei Bedarf
- Ggf. Pultleuchte
- Metronom bei Bedarf (mit Netzteil oder Ersatzbatterien)
- Schlagzeug- und/oder Gesangsmikrofone falls erforderlich
- Ersatzbatterien für etwaige Kondensatormikros falls es keine Phantomspeisung gibt
- Mikrofonkabel falls erforderlich (dann Bedarf plus eins als Ersatz bzw. Verlängerung)
- Mikrofonstative oder -halter mit Mikrofonklammern
- Monitorbox falls erforderlich
- Ggf. Kabel für Monitorbox: Strom- und Signalkabel (aktiv) bzw. Lautsprecherkabel (passiv)
- Mehrfach-Steckdose (egal wofür)
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Eine neue 9V-Blockbatterie:
Sie erfüllt einen sozialen Zweck: Bassisten und Gitarristen mit aktiver Elektronik haben ständig ein „nicht zu erwartendes Problem mit der Batterie”. (Sie ist leer. Wie konnte das nur passieren?) Bassisten finden die Ersatzbatterie erst nach zwanzig Minuten; Gitarristen haben gar keine dabei. Reicht man den Kollegen sofort den besagten 9V-Block so spart das Nerven und festigt Freundschaften. Batterien bekommt man übrigens an Tankstellen. - Klamotten, Kamm, Zahnputzzeug, Handtuch, Deo und was man noch zum Wohlfühlen braucht.
- Wasser, Obst und Müsliriegel für den Fall dass die Verpflegung gar nicht klappt oder vitaminfrei ist.
- Gehörschutz bei Bedarf; vielleicht auch nur für den Fall, dass man sich tatsächlich im Abstrahlwinkel zweier lauter Gitarrenboxen-Türme wiederfindet. (So geschehen 1995 im „Kuhstall” - das Rauschen ging am nächsten Nachmittag zum Glück wieder weg.)
Bei Ankunft: Tips zum Aufbauen
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Beim Ausladen der Sachen muss man es den Kollegen jedes Mal auf's Neue erklären: Die Schlagzeug-Sachen werden vor die Bühne gestellt; nicht dahin, wo das Schlagzeug aufgebaut werden soll. Wenn sie die Sachen dahin stellen, wo das Schlagzeug nachher stehen soll, muss der Schlagzeuger sie ja erst dort wegräumen, damit er Platz zum Aufbauen hat.
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Rausfinden, wer für die Stromversorgung und wer für die Verpflegung der Band zuständig ist. Nur so weiß man im technischen oder kulinarischen Notfall, an wen man sich wenden kann.
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Beim Soundcheck spielt man nur, wenn der Sound-Mensch das verlangt. Und der will auch nicht wissen, wie gut man ist, sondern interessiert sich nur für die Lautstärke (Pegel / Gain) der Einzelinstrumente und für den Gesamtsound. Daher will er erst mal alle Trommeln und vielleicht auch einzelne Becken hören. Einfache Viertelnoten (z.B. 100 BPM) in voller Lautstärke sind nützlich. Dann will er oder sie noch das ganze Set hören. Als Tanzmusiker bitte auch hier keine Dream-Theatre-Kompetenz unter Beweis stellen. Die Technik-Leute wollen den Sound für das spätere Programm hinkriegen, daher sind jetzt Rhythmen und Fills aus ebendiesem in der Live-Lautstärke gefragt. die Fills sollten übrigens so langsam sein, dass die Einzeltöne klar zu hören sind.
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Nach dem Soundcheck sollte niemand mehr rumspielen, weil das die Kollegen und andere Anwesende nur unnötig nervt.
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Wenn die ersten Konzert- oder Veranstaltungsbesucher die Räumlichkeit oder das Gelände betreten, sollte kein Musiker mehr auf der Bühne zu sehen (und erst recht keiner zu hören) sein!
Beim Gig auf der Bühne
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Rauchen auf der Bühne wirkt heutzutage uncool. Man sollte das auf die Pausen beschränken.
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Trinken auf der Bühne sieht nicht gut aus, daher so dezent wie möglich. In den Pausen sollte man allerdings sehr viel (Wasser) trinken. Der Flüssigkeitsbedarf kann je nach Temperatur auf der Bühne enorm sein.
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Alkohol und Drogen stören den Groove und das Bandgefüge. Ein oder zwei Bier können nicht schaden, aber mehr lässt das musikalische Niveau sinken. Jede gegenteilige Behauptung geht auf Selbstüberschátzung zurück.
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Essen hat auf einer Bühne grundsätzlich nichts verloren.
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Das Mobiltelefon ist im Flugmodus oder komplett ausgeschaltet.
Handys erzeugen oft und vor allem sehr überraschend extrem laute Störgeräusche auf der P.A. Das passiert leider eben nicht beim Sound-Check, sondern während einer Ansage oder mitten in einer Ballade. Während eines Gigs ist man ohnehin nicht erreichbar, da man sich ganz der Musik widmet. Es würde auch sehr albern wirken, wenn ein Handy-Junkie zwischen zwei Titeln am Handy rummacht.